Die Kunst, Gefühle in Worte zu fassen

Rainer Maria Rilke«Lösch mir die Augen aus: ich kann dich sehn, wirf mir die Ohren zu: ich kann dich hören, und ohne Füße kann ich zu dir gehen, und ohne Mund noch kann ich dich beschwören.

Brich mir die Arme ab, ich fasse dich mit meinem Herzen wie mit einer Hand, halt mir das Herz zu, und mein Hirn wird schlagen, und wirfst du in mein Hirn den Brand, so wird ich dich auf meinem Blute tragen.»

(«Liebes-Lied»)

Rainer Maria Rilke ist einer der meistübersetzten deutschsprachigen Schriftsteller weltweit. Marilyn Monroe las ihn, Gerhard Schröder rezitierte ihn, Oliver Kahn interpretierte ihn, Xavier Naidoo sang seine Verse und Lady Gaga gehen seine Texte sogar unter die Haut. Seine Gedichte gibt es mittlerweile in einer eigenen App. Der feinfühlige Dichter ist auch gut 80 Jahre nach seinem Tod so aktuell, wie es ein Klassiker nur sein kann. Jeder kennt ihn und fast jeder mag ihn: Rilke lebt.

Mit seiner Verskunst berührt der begnadete Lyriker auch heute noch die Menschen und ist im 21. Jahrhundert gegenwärtig wie zu Lebzeiten. Der gebürtige Prager darf damit zu Recht als einer der ersten Schriftsteller der Moderne bezeichnet werden. Aber wer war dieser mysteriöse Dichter?

«Du musst das Leben nicht verstehen..»

Stefan George, der für Rilke eine gewisse Richtschnur in Sachen Lyrik bot, sagte ihm, dass solche Gedichte „jeder machen könne“.

Ursprünglich wollte Rilke Dramatiker werden, hatte dann aber mit seinen Dichtungen wesentlich mehr Erfolg.

Auf jeden Fall erfüllte sich sein Wunsch, dass seine Werke „ein zartes Echo in den Herzen hübscher Frauen“1 erwecken könnten.

Lyrisches «Herz-Werk»

Rainer Maria Rilke ist einer der großen deutschen Lyriker, der neben Bertolt Brecht den größten Einfluss über die Grenzen Deutschlands hinaus geübt hat.

In seinen Worten gestaltet er stimmige Verskunst, die nach der Überwindung von Gegensätzen strebt. Getragen von einer Innerlichkeit, die den Blick fürs große Ganze im Laufe ihrer Schaffenszeit immer weiter schärft. Sein „Herz-Werk“2 weist den Weg von der Innigkeit zur Größe einer Dichtung von Weltrang.

Im Dortmunder Roto-Theater wird „Der große Rilke-Abend“ veranstaltet, im Münchner Gasteig rezitiert Natalie Schorr regelmäßig aus seinen Werken.

 

1 «Ich sehne mich sehr nach Deinen blauen Briefen». Rainer Maria Rilke – Claire Goll, Briefwechsel, hrsg. v. Barbara Glauert-Hesse, Wallstein Verlag 2001, S. 87.

2 http://rainer-maria-rilke.de/100138wendung.html

 

Zum Anfang

Zitat

"Wir haben keinen Grund, gegen unsere Welt Misstrauen zu haben, denn sie ist nicht gegen uns.."

- Rainer Maria Rilke